Karzai lockt lange Zeit unterdrückte Minderheit
Übersetzt aus dem Englischen von Ahmad
Scherzad
Original: Pamela
Constable "Long-Opressed Hazara Minority May Play Key Role in Afghan Elections" Washington Post Foreign Service July 2009
Stolze Wählerinnen |
Im Laufe einiger geschichtlicher Epochen wurden die schiitischen Hazara
von ihren Ländereien vertrieben und in Kämpfen von ethnischer und religiöser
„Säuberung“ abgeschlachtet. In der jüngeren Vergangenheit waren sie oft
gezwungen niedere Tätigkeiten als Karrenzieher oder als Hausdiener auszuüben.
Der missbrauchte Junge aus dem Roman und dem gleichnamigen Film
„Drachenläufer“, welcher hierzulande reichlich Diskussionen auslöste, stammt
aus einer Familie von Hazara Dienern.
Aber heute sind die Hazara bereit, eine entscheidende Rolle bei den am
20. August stattfindenden Prä-sidentschafts- und Landtagswahlen zu spielen.
Dieses Volk hat einen populären Prä-sidentschaftskandidaten hervorgebracht, den
parteilosen Ramazan Bashardost, welcher ein ziemlich aussichtsloser Kandidat
ist, aber das Land unermüdlich bereist hatte, um seine Botschaft einer
Regierungsreform und sozialer Gerechtigkeit zu verbreiten.
Hamid Karzai: Der eingefärbte Finger soll Manipulationen eindämmen |
Unterdessen umwerben Präsident Hamid Karzai, ein ethnischer Paschtun,
der seine Wiederwahl anstrebt und seine aussichtsreicheren Herausforderer den
Hazara Wähler. Das Volk macht mehr als 20 % der Wählerschaft des Landes aus und
konnte eine hohe Zahl an
Wählerregistrierungen und Wahlbeteiligung bei den letzten Präsidentschaftswahlen
im Jahre 2004 verzeichnen.
Eine bessere Zukunft wählen |
Mohaqeq hatte in verschiedenen Provinzen für Hamid Karzai Wahlkampf
geführt, welcher im Vorfeld der Wahlen in der Öffentlichkeit größtenteils
unsichtbar blieb. Mohaqeqs Partei hat eine Armee aus Wahlkampfhelfern aufgebaut
und schaffte es 14 Ausgewählte auf die Kandidatenlisten für das Oberhaus des
Parlaments und für den Landtag zu setzen. Zu diesen Kandidaten gehört auch ein
junger Mann, dessen Poster einen alten, mit Gütern beladenen Hazara Karren verzieren.
Mohamed Mohaqeq: Anführer der Partei Wahdat-e-Eslami |
Karzai, dessen zweiter Vize-Präsidentschaftskandidat ein Hazara ist,
bemühte sich im März, konservative Hazara Anführer zu besänftigen, indem er ein
umstrittenes schiitisches Familien-Gesetz genehmigte.
Dies empörte Menschenrechts-organisationen, da dieses die Hazara Frauen unter die absolute Kontrolle und zur Unterwerfung durch ihre Väter und Ehemänner brachte.
Dies empörte Menschenrechts-organisationen, da dieses die Hazara Frauen unter die absolute Kontrolle und zur Unterwerfung durch ihre Väter und Ehemänner brachte.
Dennoch hat die politische Emanzipation von Afghanistans Hazara, deren
Kinder in Scharen zu den Universitäten und Bürojobs strömen, eine politische
Kluft gebildet in einer Gesellschaft, welche lange Zeit im Gleichschritt hinter
der Volksmiliz oder religiösen Anführen wie Mohaqeq um des Überlebens willen
hinterher marschierte.
Das afghanische Parlament |
Viele ältere oder weniger gebildete Hazara bekennen immer noch starke
Loyalität zu solchen Anführern und sagen, dass sie vorhaben deren politischen
Anweisungen am Wahltag zu befolgen. Aber viele andere, darunter Studenten und
ehemalige Flüchtlinge, welche nach Jahren im Iran zurückgekehrt sind, sagten,
sie würden ihre politische Unabhängigkeit wertschätzen.
„Ich bin Hazara, aber wir haben nun Rechte und niemand kann mir diktieren,
wie ich zu wählen habe!“ sagte Farahmuz, 33, ein Arbeiter, der jeden Morgen
gemeinsam mit Dutzenden anderen Männern an einem Verkehrskreisel wartet, in der
Hoffnung ein paar Stunden Arbeit zu ergattern.“Ich will nicht, dass ethnische
Probleme in diese Wahlen einfließen, weil sie das Land erneut zerstören
könnten.“ sagte er.
Präsidentschaftskandidat Ramazan Bashardost |
Viele Hazara sagen, dass deren Favorit für den Amt des Präsidenten der
44-jährige Bashardost ist, ein reformistischer Abgeordneter und früherer
Minister für Bauwesen und Städtebau, dessen Büro sich in einem Zelt, gegenüber
der Straße des Parlaments, befindet. Er führte seinen Wahlkampf meistens auf
die gleiche Art und Weise, indem er oft die, von der Regierung bereitgestellten,
Flugzeuge bestieg, um weit entfernt gelegene Provinzen erreichen zu können und
um dort in Parks und auf Marktplätzen mit den Leuten in Kontakt zu kommen.
Ramazan Bashardost: Mann des Volkes |
„Ich mag Herrn Bashardost, weil er unsere Probleme versteht.“ sagte
Jawad, 25, ein Bewohner aus Kabul,
welcher im Exil in Iran aufwuchs und nun seine ältlichen Eltern als Bauarbeiter
unterstützt. „Er führt seinen Wahlkampf nicht in Luxusautos, wie die anderen.
Er kam zu Fuß zum Shar-i-Nau Park und saß da in einem Zelt und hörte den Leuten
zu.“
Bei einem Anruf auf sein Mobiltelefon, samstags in einer lärmenden
Einkaufshalle in Khost, sagte Bashardost, er hätte „eine große Kluft zwischen
den gewöhnlichen Menschen und den Politikern in Kabul“ erfahren müssen, „Ich
bin sicher, dass wir am 20. August, Zeuge einer Revolution sein werden.“
Außerdem sagte er, er hätte erstaunlich viel Unterstützung von Paschtunen,
sowohl aus Afghanistan, als auch aus dem Ausland erhalten. „Das ist etwas ganz
neues für Afghanistan.“ sagte er.
Hazara Schüler in Bamian |
Als eine ethnische Minderheit, welche lange Zeit wirtschaftliche
Ausbeutung und soziale Unterdrückung erfahren musste, scheinen besonders die
Hazara einen Vorteil von der politischen Freiheit zu ziehen, welche seit dem
Fall der extremistischen Taliban Herrschaft Ende 2001 geboten ist.
In einem neuen, privaten schiitischen College in Kabul sagen Lehrer und
Schüler, dass die Wahlen, unabhängig davon wer gewinnt, wichtig für ihre
Gesellschaft seien, weil sie einen Schritt in Richtung moderner, demokratischer
Methoden darstellen, welches helfen kann afghanische Traditionen von ethnischem
Konkurrenzkampf zu beseitigen.
„Wir müssen die Werte und Methoden der Demokratie weiterentwickeln.“
sagte Amin Ahmadi, der Direktor des Colleges, „Leider spielen ethnische
Probleme immer noch eine große Rolle in unserem Land und die Menschen vertrauen
den Anführern der anderen ethnischen Gruppen nicht. Aber wenn wir faire,
transparente und friedliche Wahlen haben können, wird das von größerer
Bedeutung sein, als die Frage, ob wir einen guten oder einen schlechten
Präsidenten haben.“
Wahlplakate in Kabul |
In West Kabul, dem
heruntergekommenen aber geschäftigem Herz der Hauptstadt der Hazara Gesellschaft, ist jede öffentliche Fläche mit Wahlkampf-Postern tapeziert.
heruntergekommenen aber geschäftigem Herz der Hauptstadt der Hazara Gesellschaft, ist jede öffentliche Fläche mit Wahlkampf-Postern tapeziert.
Dennoch sagen viele Karrenzieher, Mechaniker und andere Arbeiter, dass
sie die Nase voll haben von staatlicher, als auch von ethnischer Politik. Sie
sagen, dass ihre Gesellschaft unter weit verbreiteter Arbeitslosigkeit und
Armut leidet, dass aber niemand von der Regierung etwas getan hätte, um zu
helfen.
„Wir sind nicht zufrieden mit unserer Regierung und wir sind nicht zufrieden
mit unseren Anführern.“ sagt Imam Ali Rahmat, 61, der Feuerholz verkauft. „Für
die bestehen wir doch nur aus Dreck und Staub . Für uns bestehen die nur aus
falschen Versprechungen. Wir brauchen Veränderungen und wir brauchen neue
Anführer, weil wir vom Weg abgekommen sind.“
Original abrufbar unter: http://www.washingtonpost.com/wp-dyn/content/article/2009/07/25/AR2009072502169.html
Original abrufbar unter: http://www.washingtonpost.com/wp-dyn/content/article/2009/07/25/AR2009072502169.html